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Öffne X, schließe X. Klicke hierhin, klicke dorthin. Freue mich über Declan Rices Tor. Bin müde, ausgelaugt. Zwischendurch große Glückgefühle, dann wieder Matsch. Ich habe einer Kurzgeschichte den Titel „Matsch“ gegeben. Es geht um einen Boxer namens „Matsch“ und um die Frage, was ist wichtig. Ich muss an Kerets letzten Band denken. Nie wirklich im Hier sein. Immer woanders mit dem Hirn, dem Herz. Schau in den Himmel, schau auf die Füße.
Das Bild im Kopf am Sonntagmorgen: Ein Kreisverkehr im Bayreuther Industriegebiet. Ein Mann in einem roter Peugeot fährt an den vier Ausfahrten vorbei. Stundenlang. Er sitzt gestikulierend im Wagen. Er spricht mit sich selbst, Freisprechanlagen waren noch nicht erfunden. Und Handys waren groß wie Holzscheite. Am Himmel jede Stunde ein Flugzeug, vielleicht mal zwei. Nur die Herzen waren schon immer hektisch, unersättlich und leicht aus dem Takt zu bringen. Konkurrenzsubjekte werden niemals ruhig schlafen. Er fährt und fährt und sein Herz pumpt und pumpt dunkelrotes Blut durch eine zittrige Seele.
„… kommunismus ist die unmittelbar auf die not des anderen bezogene handlung, nicht vermittelt durch ein äquivalent. er ist nicht etwas, das weit weg ist. er ist eine summe von verhältnissen (die die dimension einer gesellschaft erreichen kann), und er ist schon heute als eine haltung möglich, eine bestimmte, deutliche haltung, wo zwischen unterdrückerischen methoden und solidarischen zu wählen ist. er ist die entscheidung für das mehr an gleichheit, in der familie, in der produktion usw. (…) in diesen ausweglosen zeiten gewinnt das marxsche wort vom kommunismus als wirklicher bewegung seinen subversiven sinn.“ (Volker Braun, Werktage 1977-1989, S. 489)
Immer wieder auftretende, fast schon manische Objektiv-Haben-will-Phase. Gerade in den Tiefen der chaotischen Zeiss, Voigtländer, Rollei 70iger Jahre. Ist das 2.8 35mm Distagon baugleich mit dem Voigtländer Color-Skoparex? Und zwar sowohl in QBM-Mount als auch in M42? Und funktioniert an einer Pentax SV die Springblende? Oder nur Arbeitsblendenmessung. Das in vergleichbaren Fragen sonst so hilfreiche Netz schweigt. Nur ein Alfred auf Flickr schreibt etwas dazu. Der Eintrag ist 13 Jahre alt. Ich recherchiere das, nachdem ich das Objektiv gekauft habe. Holy.
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„Man muss den Phänomenen ohne Scheu ins Auge blicken können, eine andere Wirklichkeit gibt es nicht.“ Harald Fricke, Texte 1990-2007, S. 93.
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(Die) Elstern machen Lärm, aber ich sehe sie nicht. Gestern hatte sich ein Mäusebussard schräg am Nest festgekrallt, er wurde sofort von einer Krähe verjagt, zwei Minuten später flogen die Elstern, die über einen Tag lang nicht aufgetaucht waren, ins Nest. Keine Ahnung, was da abgeht.
Merz wurde im zweiten Durchgang gewählt. Söder hatte zuvor eine pathetische Rede gehalten. Auf X veröffentlicht er Teile der Rede im Wortlaut: „Noch ist alles lösbar und heilbar. (…) Das Scheitern des demokratischen Prozesses könnte ein schlimmer Vorbote für Verhältnisse wie in der Weimarer Republik sein. Dazu darf es nicht kommen. Deshalb sollten nun alle Parlamentarier nochmal ruhig und vernünftig abwägen, was auf dem Spiel steht.“ Er performt den Staatsmann, es ist sehr lächerlich.
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Indien fliegt Luftangriffe, Pakistan schießt Flugzeuge ab. Ich wusste nicht, dass auch Gilgit-Baltistan Teil der umstrittenen Region Kaschmir ist. Obwohl T. und ich dort waren. In Gilgit, in Aliabad und Karimabad. Ich staunte über das Licht, das leuchtende Grün der Hänge, das türkise Wasser des Hunza, im Hintergrund türmte sich Rakaposhi 7788 Meter hoch auf. Schräg gegenüber, auf der anderen Seite des Tals lag Bublimotin, der auch Ladyfinger genannt wird. Ein Mann, der uns nach Gilgit zurückfuhr, erzählte, dass viele Menschen beim Versuch Ladyfinger zu bezwingen, ihr Leben verloren haben. In einem Reddit-Thread schreibt der User Expensive-Tell6289 : “It’s finger like shape happened to be very difficult to climb by many climber. Some people also say that’s it’s haunted and climbers hear strange voices.”
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„Man muss führen wollen“, sagt Peter Leibinger, Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI) im Deutschlandfunk. Das ist ein in diesen Zeiten völlig normaler Satz. Und Leibinger klingt ruhig, überlegt und sympathisch. Das macht Sinn. So wie die Dinge im politischen Berlin gerade stehen, muss die relevante Stelle der Macht weder herabsetzend noch drohend sprechen. Sondern selbstsicher, was Selbstkritik beinhaltet. Merz wird in ein paar Minuten Kanzler sein, Klingbeil ist dort angekommen, wo er hinwollte, Dobrindt spricht sich gegen eine pauschale Behandlung von AfD-Beamt*innen aus, während in Bayern eine Lehramtsstudentin nicht zum Referendariat zugelassen wird, weil sie über die Internationale Automobil-Ausstellung (IAA) gesagt hat, diese ist ein „Symbol für Profitmaximierung auf Kosten von Mensch, Umwelt und Klima“. Der Begriff „Profitmaximierung“, so die bayerische Argumentation, sei marxistisches Vokabular. Wer führen wollen will hat ein reines Herz und weiß, dass er mit Spahns und Söders strategischer Unterwürfigkeit allzeit rechnen kann. Blau-Schwarz here we come.
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Despentes lässt die sprechen, die den Ton angeben: „Glaubst du, wir haben Zeit unser eigenes Arschloch zu inspizieren und uns zu fragen, ob es in Ordnung ist? Wer ist der Stärkste? Der Schnellste? Das ist die einzige Frage. (…) Für den Krieg muss niemand Literatur und Mathe lernen. Das würde die Wirtschaft wieder in Gang bringen! Ein Krieg. Aber gebildete Arbeitslose – ganz ehrlich, was für ein Schwachsinn.“ (S.223 f.)
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Und Riechelmann schreibt über den schlechten Ruf der Elstern: „Über Elstern wird vermutlich noch mehr Unfug geredet als über Drogen unter Drogenbenutzern oder über die Wirtschaft in der sogenannten Krise unter Journalisten.“ (S.47)
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Merz ist im ersten Wahlgang durchgefallen.
Die Luft ist kühler als in den letzten Tagen. Die Elstern sind kaum noch zu sehen. Haben sie das Nest verlassen? Oder brüten sie? Wahrscheinlich bauen sie ihr Nest woanders. Die Krähe war aufdringlich. War es dieselbe Krähe, die vor drei Jahren die Amselküken aus dem Nest geholt und gefressen hat? Sind solche Gedanken irre oder fragen sich das andere auch? Ich habe gelesen, dass Krähen sich Menschen aussuchen. Sie entscheiden, ob sie einen Menschen in ihr Leben lassen. Wie kommen sie zu ihrer Entscheidung. Mögen sie, wie ein Mensch sich bewegt? Mögen sie die Stimme eines Menschen? Mögen sie sein Outfit? Beobachten sie den Mensch in der Interaktion mit anderen Menschen? Ich denke an ein Buch und drehe mich um. Und wirklich, Riechelmanns „Krähen“ steht da, wo Bücher von Autor*innen stehen, deren Name mit einem R beginnt. Ich kann es nicht glauben und blicke zweimal hin. Ich nehme das Buch aus dem Regal, schlage eine beliebige Seite auf. Riechelmann schreibt über den Grünhäher: „Sie genießen einen guten Ruf, auch als sehr genaue Menschenbeobachter.“ (S. 114) Kein Witz.
Bereits die Formulierung „Zum Weltgeschehen habe ich nichts zu sagen“ (03.05.) ist lächerlich. Precht würde so etwas von sich geben. Und erwartungsvoll mit den Augen klappern. Bis irgendein Redakteur anruft und sagt: „Aber das Weltgeschehen braucht Sie!“ Halb ironisch und doch ganz ernst.
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Lese Popitz („Wege der Kreativität“) und endlich die Triologie Despentes‘.
„Aber natürlich sind alle links … das wird ihnen schon vergehen. Jeder streckt sich nach der Wurst so einfach ist das. Jetzt, wo die mitkriegen, dass die Subventionen bald von den Ultrarechten kommen, ich wette, was du willst, dass sie ratzfatz den Ton ändern – dieses Pack hängt doch immer das Mäntelchen in den Wind. Gib ihnen vier, fünf Jahre, dann präsentieren dir dieselben, die heute das Lied des armen Flüchtlings singen, Meisterwerke über jüdische Banker, diebische Roma und gierige Russen. Sie passen sich an, da mache ich mir keine Sorgen.“
Das lässt Despentes einen rechten Kumpel Vernon Subutex‘ sagen. Da spricht ein bitterer, rechter Drehbuchautor. Was er sagt, ist nicht ganz falsch. Der Opportunismus der Sprösslinge ist atemberaubend. Meine eigene Hemmung klar zu denken und zu sprechen auch. Ich erinnere mich an einen Workshop, an dem K., Professorin für Soziologie und Kriminologie, teilnahm. Wir stimmten in wesentlichen Punkten überein, aber sie störte meine Sprache mit Netz und doppeltem Boden. Die gleiche Reaktion kam von L., Professorin für Soziologie, und B., Professorin für Soziologie sozialer Differenzierung und Soziokultur. Alle drei Anfang der 60iger geboren, in den 70- und 80igern politisch sozialisiert. Und in den 20igern des sogenannten Neuen Jahrtausends? Die Schnauze voll. Von was? Das, um das sie kämpfen mussten, ist eine Karte im Machtspiel geworden. Die von denen gespielt wird, die „bespielen“ sagen und das auch so meinen. Ich bespiele das Thema soundso, ich bespiele das Thema soundso. Und als Ratschlag an die jungen Forscher*innen: Das Dekanat muss wissen, dass du sprechfähig bist.
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Der Himmel ist wolkenverhangen. Die Elstern verjagen eine Krähe.
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Meine Sätze zerfasern wie zu lange gekauter Kaugummi im Mund.
Eine Taube turnt auf dem Nest der Elstern rum. Zum Weltgeschehen habe ich nichts zu sagen.