26./27. Apr. 19

„Kein Loch in Augen“, sagte die Ärztin. Es klang so absurd richtig, dass ich lachen musste. Ich sah noch immer die Verästelungen der Adern, als ich die Praxis verließ. Ich schirmte meine Augen ab und lief durch die Innenstadt. Die Geschäfte machten gerade auf und plötzlich wurde alles grell und das Glücksgefühl schwarz. Als ich im Wartezimmer saß, las ich: „Der Tod besteht nicht darin / daß man sich nicht mehr mitteilen / sondern daß man nicht mehr verstanden werden kann …“ Ich hob den Kopf und sah mich um. Eine Frau mit einer Schleife auf dem Kopf schob einen Ständer voller Handtaschen mit goldenen Verschlüssen ins Freie. Ich breitete die Arme aus und drehte mich im Kreis. Wie die Schönheit im konkreten Menschen sehen, wenn das Licht, das sich im Gold der Handtaschen vertausendfacht, ein Loch in die geweiteten Pupillen reißt? Als meine Jungs vor ein paar Tagen sagten, mein neuer Rucksack sei Killer, fühlte ich mich gut.

Abgelegt unter: — 27.04.2019