25. Apr. 19

Gestern habe ich mit jemanden über die „Standortgebundenheit des Denkens“ gesprochen. Das ist kein aufregender Satz, denn in den letzten Jahren wird an Hochschulen sehr viel über die Standortgebundenheit des Denkens gesprochen. Es wäre schwachsinnig zu leugnen, dass es so etwas wie einen eurozentristischen Blick gibt. Ebenso wäre es schwachsinnig zu leugnen, dass Männer privilegiert sind, vor allem dann wenn sie weiß sind. Was aber ist zu tun? Ich weiß es nicht. Ich weiß nur, dass es keine Antwort sein kann, die Suche nach Wahrheit für obsolet zu erklären. Gerade flog eine Meise in mein Zimmer, setzte sich auf meinen Plattenspieler und laberte mich zornig von der Seite an, als ich mich ihr zuwendete. Im letzten Sommer ist eine Elster über den Balkon in mein Zimmer gelaufen. Als sie mich sah, flog sie davon. Ich legte Brötchenreste auf den Balkon und einige Zeit später lag dort, wo ich die Brötchenreste hingelegt hatte, ein rosa Plastikstück. Dieses ganze Identitätsgequatsche ist so ermüdend. Ich bin doch nicht einmal mit mir selbst identisch. Heute glaube ich daran, in der Natur Ruhe zu finden. Und morgen lese ich über ein Erdbeben oder eine Spinne groß wie eine Fingerkuppe, deren Gift in weniger als fünf Minuten tötet. Was will mir eine Elster sagen, wenn sie mir ein rosa Plastikstück auf den Balkon legt? Da sind zu viele Metaebenen im Spiel gerade und zu wenig basics. Danke, Bitte, Ich wünsche Ihnen einen schönen Tag. Und: Nein, ich muss nicht für alles und jeden Verständnis aufbringen.

Abgelegt unter: — 25.04.2019